Donnerstag, 2. Oktober 2014

19. Tag: Auf zu neuen Ufern - Bergen: Kallbrunnalmen

Der aufmerksame Leser wird festgestellt haben, dass ich meiner Zeit immer ein wenig hinterherhinke, sicherlich ein bestes Zeichen dafür, dass auch nach drei Wochen in Maria Alm keine Langeweile aufkommt.
Ich hatte mir das ehrlichgesagt schon ein wenig anders vorgestellt, nämlich mit ein paar anderen Leuten zusammen zu laufen, aber so bin ich mein eigener Chef und nutze die Tage optimal aus:
Bei Regen oder trübem Wetter gemütlich in Talnähe
Bei Sonne und toller Fernsicht möglichst weit oben auf dem Berg und möglichst von morgens bis abends unterwegs.

Das birgt außerdem einmal die Chance, sich in der näheren Umgebung ein wenig umzusehen und Neues zu entdecken. Sollte ich vom Alleinelaufen absolut die Nase voll haben, könnte ich auch nach Leogang oder Saalbach-Hinterglemm fahren. Die bieten nämlich neben Spaziergängen auch jede Woche noch schöne Höhenwanderungen, Bergtouren, Gipfelbesteigungen, ... an.

Es gab schon den ein oder anderen Urlaub hier in Maria Alm, an dem ich das Auto wochenlang vor der Tür habe stehenlassen, aber diesmal ist eben einiges ein wenig anders.

So oft habe ich immer von den Kallbrunnalmen bei Weißbach / Lofer gehört, auf denen eine Vielzahl bayrischer und inzwischen auch österreichischer Bauern im Sommer als Almgemeinschaft ihr Vieh, bis zu 350 Stück, weiden lassen und Käse produzieren. Näheres hierzu gibt es hier: http://www.weissbach.at/tourismus-ausflugsziele-kallbrunnalm.html

Obwohl viele davon immer erzählt und geschwärmt hatte, war ich noch nie dort. Das wollte ich heute ändern. Letztendlich sind es auch nur ca. 20 km von Maria Alm. Das fahre ich ja schon fast jeden Tag zur Arbeit...

Das Wetter ist schon am frühen Morgen grandios und verspricht eine traumhafte Fernsicht an diesem Herbsttag.



Die Wolken lichten sich bereits und lassen die Sonne bis ins Tal scheinen, als ich auf dem Weg nach Weißbach / Lofer bin. Über Saalfelden bin ich ziemlich schnell dort, immer die Tachonadel im Blick, weil der ein oder andere Blitzer auf dieser Strecke immer lauert.
Vor dem fest installierten Blitzkasten in Weißbach / Lofer geht es allerdings nach rechts weg in Richtung Parkplatz Pürzelbach.
Vorher stoppe ich noch kurz bei der Tourismusinformation, wo mich eine nette Dame mit umfangreichem Infomaterial und einer für meine Zwecke ausreichenden Wanderkarte ausstattet.

Rund um das sog. Bergsteigerdorf Weißbach gibt es viele Tourenmöglichkeiten, auch im Bereich der Kallbrunnalmen gibt es neben Rundwegen für Jedermann diverse Möglichkeiten, Gipfelchen und Gipfel zu erklimmen oder zum Ingolstädter Haus auf das Steinerne Meer aufzusteigen. Dazu hätte ich allerdings 1. eher aufstehen müssen und 2. nicht einen Tag vorher mit Schüttelfrost im Bett liegen sollen.

So beschließe ich, es am heutigen Tage für meine Verhältnisse eher gemütlich angehen zu lassen und mir erstmal einen Überblick über das Almgebiet und die Umgebung zu verschaffen.

Die schmale Asphaltstraße führt steil bergauf (bis zu 20% Steigung) und auch mit der ein oder anderen landwirtschaftlichen Gefahr ist zu rechnen. Da stand da doch eine einsame Kuh plötzlich auf der Straße und schaute mich an...

Sie hatte dann doch vor meinem Silberpfeil Angst und ist brav zur Seite getrottet.

Zu Beginn ist der Parkplatz Pürzelbach gut ausgeschildert, aber kurz vor Schluss kamen dann doch kleine Irritationen auf. Die Straße wurde immer schmaler, und es gab einen Parkplatz beim Gasthaus Pürzelbach. Da es weit und breit kein anderes Schilder mehr gab, dachten wir - es ging mir nicht alleine so - , dass dies der Wanderparkplatz sei. Durch eindeutige Gestik hat uns allerdings ein Herr zu verstehen gegeben, dass wir damit nicht richtig liegen. Der eigentliche Wanderparkplatz liegt einige hundert Meter weiter hinter einem weiteren Hof.
Die Parkgebühr beträgt 2,- Euro pro Tag. Das zahle ich in so manchem Hamburger Parkhaus pro Stunde...
Nein, das ist kein Aufruf zur Erhöhung des Preises, sondern ein Lob und Dank an die Gemeinde Weißbach / Lofer für diesen tollen Parkplatz!!

Das Almgebiet Kallbrunn liegt am Fuße von Hochkranz und Kühkranz (beide unter 2000 m, aber ersterer nicht ganz einfach und nicht ohne leichte Kletterei zu besteigen). Es juckt mich ja schon ein wenig in den Füßen, dort hinaufzusteigen, aber ich habe Annys und Traudis Stimme im Ohr, die mir sagen, dass ich es heute mal nicht übertreiben soll. Mein Mantra... ;-)

Zunächst geht es über einen Güterweg an Weiden vorbei in den herbstlich gefärbten Wald hinein. Schon hier genieße ich die tollen Ausblicke auf die Leoganger und Loferer Steinberge.




Herbst in den Bergen

Erster Blick hinauf zum Hochkranz










Schilder warnen vor Steinschlag auf dem Güterweg...









Nicht ohne Grund, wie ich bei diesem Koloss feststellen musste. DER war nämlich auch mal Teil des Bergmassivs und lag nicht so verloren auf dem Waldboden herum...












 Immer an dem sanft vor sich hin plätschernden Pürzelbach. Beim Dahingehen kommt die Frage auf, ob "Pürzel" die österreichische Bezeichnung für "Bürzel" ist, den ich beim Entenbraten ja immer abschnippele und denke darüber nach, was denn dieser Bach wohl mit einem Entenpopo zu tun hat. So geht die Stunde bis zu den Kallbrunnalmen rasch vorbei, ohne dass ich eine für mich zufriedenstellende Antwort auf diese Frage gefunden habe...

Das Tal, durch den der Pürzelbach fließt, öffnet sich plötzlich zu einer großen, grünen Weidefläche, auf der locker verteilte diverse Almhütten, sog. Kaser, stehen. Eine Hütte schöner als die andere. Das Vieh ist bereits wieder im Tal. Ich muss unbedingt zu Beginn des Sommers noch einmal mit Stella wiederkommen, Blumen anschauen und möche wissen, wie es ist, wenn die Tiere hier weiden...

Die Almfläche ist umrahmt von hohen Steinbergen und Grasbergen mit felsiger Spitze.


Erster Blick auf die Almfläche

Im Hintergrund das Seehorn
Wer es ganz gemütlich haben möchte, geht weiter zur Jausenstation Kallbrunnalm. Mich selbst zieht es allerdings erstmal höher hinauf in Richtung Hochkranz. Der Weg (schwarz) zweigt nach links ab. Auf einem Forstweg geht es nun leicht ansteigend an einigen Almhütten vorbei bergauf. Hier finden die letzten Aufräumarbeiten vor dem Winter statt. Überall wird geschrubbt, gekärchert, gehämmert, ...

Ein weiteres Schild weist den Weg nach links oben. Hier verlassen wir den Güterweg und folgen einem schmalen und ziemlich ausgewaschenen Wiesenpfad zunächst gemütlich, dann aber immer steiler werdend.
Almfläche

Soooo schön im Herbst

Beim Anblick des Schmetterlings, der versucht, trotz des leichten Windes, der die Blume hin- und herweht, das Gleichgewicht zu halten - erinnert mich irgendwie an die Mädels, die sich bei "Germany´s Topmodel" bewerben und dann auf Highheels durch die Gegend stöckeln, ohne das je zuvor geübt zu haben. Was einem halt so einfällt, am Berg...
 

Je höher ist über den schmalen Pfad durch die Wiesen steige, umso mehr öffnet sich der Blick nach Süden. Saalfelden liegt im Talkessel, und wenn mich nicht alles täuscht, sehe ich den Großglockner. Wie sagte der Wanderführer: zu 80%, man muss ja nicht alles wissen, und es gibt Karten zum Nachschlagen...

Am späten Mittag - ja, ich habe morgens ein wenig getrödelt - erreiche ich einen Vorgipfel des Kühkranzes mit 360° Rundumblick. Hier oben ist niemand sonst zu sehen, und so teile ich mir mit ein paar Ameisen diesen Aussichtspunkt und döse ein wenig vor mich hin.

Mittagsrastplatz mit 360° Rundumblick
Das Ingolstädter Haus ist heute deutlich zu erkennen. Peter-Wiechenthaler-Hütte - Eichstätter Weg - Ingolstädter Haus - Seehorn - Kallbrunnalmen - Weißbach, das ist eine Tour, die ich auch noch unbedingt machen möchte. Aber nicht heute und - wenn´s geht - nicht alleine.


Beim Abstieg kommt mir die Leiter über den Zaun wie eine Himmelsleiter vor, so schön ist es hier. Immer wieder kommen mir die Worte des Pfarrers von der gestrigen Messe in den Kopf. Ja, für einen solchen Tag, für solche Aussichten, für so etwas kann man wirklich dankbar sein.
"Himmelsleiter"
Der Appetit auf etwas Warmes treibt mich wieder nach unten. Beim Abzweig auf den Wiesenpfad vom Güterweg aus, gehe ich trotz fehlender Beschilderung nach links weiter, anstatt den Güterweg wieder zurückzugehen. Am Ende kürze ich den Weg zur Jausenstation ein wenig über die Weide ab. Das haben aber schon viele vor mir getan, so dass ein Pfad entstanden ist.

Hier habe ich nun die Qual der Wahl. Der Chef kocht selbst, und es gibt Schweinsbraten mit Knödeln und Kraut - hier weht eine bayrische Fahne vor dem Haus - oder aber einen Kaiserschmarrn. Einem Geheimtipp folgend bestelle ich den Kaiserschmarrn. Später erfahre ich, dass es hier überhaupt kein Problem ist, eine "kleine Portion" zu bestellen. Das ist vielerorts anders, aber hier möglich. Ein Tipp für alle "Alleinesser"...

Das ist er!

Ein bißchen Geschichte...
Natürlich möchte ich nach dem Essen auch noch den Käsekeller besuchen. An diesen angeschlossen ist ein kleines Informationszentrum über die Kallbrunnalmen, aber das Wetter ist einfach zu bombastisch, um lange in der Hütte zu verweilen und Infotafeln zu lesen.

Ich suche mir stattdessen lieber mein Sommerhäuschen aus!
Mein Schloss in den Bergen

Viel Käse probieren kann ich nicht, obwohl ein großer Berg leckerer Kaiserschmarrn auf dem Teller zurückgeblieben ist, aber ein Stückchen Bockshornkleekäse wandert in meinen Rucksack.

Am Alm-Materl vorbei mache ich mich langsam auf den Rückweg. Inzwischen ist es später Nachmittag.

Beim nächsten Mal werde ich sicherlich auch einmal den Rundweg um den Hochkranz über das gesamte Almgebiet wandern, diesmal geht es am Pürzelbach vorbei auf dem Hinweg zurück in Richtung Auto.

Die Nachmittagssonne verfärbt das Laub noch ganz anders als die recht grelle Mittagssonne. So mache ich noch den ein oder anderen Fotostop. Ich habe inzwischen festgestellt, dass ich mit dem Modus "Sonnenuntergang" die Farben des Herbstes am Intensivsten aufnehmen kann.



Ein letzter Blick zurück zum Hochkranz
Bevor es mit dem Auto wieder nach Weißbach und von dort zurück nach Maria Alm geht, komme ich noch an diesen lieben Tierchen vorbei. Das Kalb hätte ich ja am liebsten mitgenommen. Manche habe einen Hund, ich hätte ein Kälbchen... zumindest kurzfristig ;-)

Nein, es ist schön, dass das Kälbchen bei der Mutter ist. Bei mir gegenüber rufen, brüllen und schreien - anders kann ich es nicht nennen - auch zurzeit viele Kühe, Tag und Nacht. Die Kälber sprangen sonst immer auf der Weide herum. Die habe ich heute nicht mehr gesehen... Wer es nicht mit eigenen Ohren gehört hat, kann sich nicht vorstellen, wie sich das anhört, so eine traurige Kuh ohne Kalb. Und davon gibt es gegenüber scheinbar mehrere...

Nun aber zurück zu diesem idyllischen Bild. Da in Pürzelbach war die (Kuh-)Welt noch in Ordnung.


Gut behütet von Mama und Tante

Eins steht für mich fest: Zu den Kallbrunnalmen muss ich noch mal hin und das nicht nur wegen des grandiosen Kaiserschmarrns...

Was für ein Tag...

Dankbar für diesen schönen Tag!




Und für Statistiker:
ca. 12 km / ca. 4 Stunden Geh(Schlender-)zeit

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